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Grube L 81

von Irene Forstner-Müller
 
 
  Die Grube scheint unmittelbar mit der Aufgabe der Gesamtanlage zusammen zu hängen. Es handelt sich um eine große kreisrunde Grube, deren Durchmesser und Tiefe noch nicht bekannt ist, es handelt sich allerdings um die größte bisher an diesem Platz gefundene Grube. Ihre Verfüllung besteht vor allem aus Keramik und Tierknochen, wobei unter anderem Rinderknochen, im besonderen Rippen, auffällig waren. Auch eine Reihe von Siegelabdrücken kam beim Ausnehmen der Grube zum Vorschein. Insgesamt wurden bisher mehr als 1000 Ganzgefäße und über 200 Fundkörbe mit Tonscherben geborgen (Abb. 1).  
 
 
Abb. 1
 
 
  Unter der Keramik kamen neben dem bekannten Eß- und Trinkgeschirr Typen zu Tage, die das Repertoire der frühen Zweiten Zwischenzeit erheblich erweitern. Diese umfassen völlig neue Formen, aber auch Varianten bisher bekannter Formen. Besonders bemerkenswert sind die so genannten ovalen Fischschalen aus Mergelton C, mit höchst ungewöhnlicher Dekoration (Abb. 2).  
 
 
Abb. 2
 
  In dieser Grube tritt auch die früheste in Tell el-Dabca gefundene nubische Keramik auf (Abb. 3). Hier könnte es sich um Relikte nubischer Söldner in Avaris handeln, die in Form von Keramik und Pfeilspitzen auch aus der späten Hyksoszeit und der ersten Hälfte der 18. Dynastie aus cEzbet Helmi belegt sind.
Einen weiteren interessanten Fund stellt eine Flasche aus Oasenton dar (Abb. 4). Dies ist einer der wenigen archäo-logischen Nachweise vor Ort über den Kontakt zu den Oasen. Da in der klassische Verbindungsweg durch das Niltal zumindest zeitweise von den Thebanern kontrolliert wurde, erfolgte der Kontakt mit Kerma wohl zumeist über die Oasen. Dennoch sind Importe aus den Oasen in Tell el-Dabca äußerst selten.
 
 
 
 
Abb. 3   Abb. 4
 
 
  Zur Bedeutung der Opfergrube
Die Grube scheint unmittelbar mit der Aufgabe des Palastes zusammenzuhängen. Nach der Deponierung der Objekte gibt es keine unmittelbare weitere Nutzung.
Ähnliche Gruben und Keramikdepots wurden bisher in Tempelbezirken von Tell el-Dabca festgestellt und als Opfergruben und Opferrelikte erkannt, in denen vermutlich Relikte kultischer Mahlzeiten verscharrt wurden.
Der Befund in vorliegender Form ist jedoch insofern neu, als die Opfergrube mit der Aufgabe des Palastes in Zusammenhang stehen dürfte. Ihre Bedeutung ist nicht klar: es könnte sich um die (sorgfältige) Deponierung des Palastgeschirrs oder um die Reste eines Opfermahls handeln.
 
 
 
Literatur:
Aston D. und Bader B.
  L81. A Preliminary Report, Ä&L 18 - im Druck
Bietak M., Forstner-Müller I.
2006 Eine palatiale Anlage der frühen Hyksoszeit (Areal F/II). Vorläufige Ergebnisse der Grabungskampagne 2006 in Tell el-Dabca, Ä&L 16, 61-76
2007 Ein rituelles Mahl und die Aufgabe eines Palastes, Festschrift Hermann Hunger, WZKM, Wien, 211-34
Bietak M., Forstner-Müller I., Herbich T.

2006
Geophysical Survey and its Archaeological Verification. Discovery of a new palatial complex in Tell el-Dabca in the Delta, in: Z. Hawas, J. Richards (Hg.), The Archaeology and Art of Ancient Egypt, essays in Honor of David B. O’Connor, Cairo, 119-126
Müller V.

2002
Offering Practices in the Temple Courts of Tell el-Dabca and the Levant, in: Bietak, M. (Hg.), The Middle Bronze Age in the Levant. Proceedings of an International Conference on MB IIA Ceramic Material in Vienna, 24th–26th
of January 2001, Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean 3, Denkschriften der Gesamt-akademie 26, Wien, 269-296

Tell el-Dabca XVIII. Opferdeponierungen in der Hyksoshauptstadt Auaris (Tell el-Dabca) vom späten Mittleren Reich bis zum Frühen Neuen Reich. Teil I: Katalog der Befunde und Funde; Teil II: Auswertung und Deutung der Befunde und Funde, Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des Österreichischen Archäologischen Instituts, Wien - im Druck