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Areal A/V

von Irmgard Hein
 
 
  Das Grabungsareal A/V liegt nordöstlich vom heute noch anstehenden Rest des ehemaligen Stadthügels von Auaris/Tell el–Dabca, knapp 500 m nordöstlich von den Grabungsarealen A/I und A/II.

Frühere archäologische Grabungen im Gelände können aufgrund von Gruben vermutet werden, deren spezifische Gestalt von etwa 1.5–2.0 m Länge und einer Breite von ca. 70 cm etwa von der Arbeitsleistung einer einzelnen Person herrühren. Derartige tiefgreifende Gruben sind in unregelmäßigen Abständen über das gesamte Grabungsgebiet von Tell el–Dabca verteilt, und gehen mit Sicherheit auf die Geländeuntersuchungen von E. NAVILLE 1885 zurück, weshalb derartige Gruben auch als "Naville–Gruben" bezeichnet sind. Naville (1887, 21) beschreibt die Aktivitäten folgendermaßen "I worked for more than a month with about a hundred labourers in the area of the enclosure and especially towards the western side, and went down as far as the water allowed."

Bereits vor 1987 wurden von J. Dorner in einem Survey mehrere Sondagen mittels Bohrkernen zur Erfassung der geologischen Geländesituation durchgeführt (Dorner 1989). Nach diesen Ergebnissen, liegt Areal A/V am Südrand einer alten Sandinsel. Wie aus dem jüngsten geomagnetischen Survey hervorgeht (Forstner-Müller et alii, 2004), zeigt es einen Ausschnitt eines größeren Siedlungsgebietes, das im S durch einen Wasserarm vom Haupttell getrennt war (>>Link geomagnetischer Plan).
Die bei den Probebohrungen erfaßten Scherben hatten gezeigt, daß an dieser Stelle Siedlungsreste aus der späten Hyksoszeit, insbesondere Str. D/3- D/2 (>>Chronologie Straten) zu erwarten waren.
Da die Absicht bestand das Terrain landwirtschaftlich zu nutzen, wurde auf Vorschlag der ägyptischen Antikenverwaltung von Herbst 1987 - Herbst 1988 eine Notgrabung unter der Direktion von M. Bietak und J. Dorner durch I. Hein und C. Hölzl durchgeführt. Als Vertreter der Ägyptischen Antikenverwaltung waren Mohammed Taher und Ibrahim Soliman tätig. Insgesamt wurde ein Areal von ca. 1800 m2 in 18 Planquadraten von jeweils 9.0 x 9.0 m in meist zwei bis drei Bauschichten in den oberen Lagen erfasst, die Material aus der späten Hyksoszeit enthielten. Der horizontale Befund ist im Band Tell el Dabca XI, von I. Hein und P. Jánosi (2004) publiziert.
 
 
  Stratigraphie
Die Testgrabung in Planquadrat p/19 hat gezeigt, daß das Keramikmaterial von Schichten des Str. E/1 (kurz nach dem Beginn der Hyksoszeit) bis zu Str. D/2 (Ende der Hyksoszeit) in der obersten Bebauungsphase reicht (>>Chronologie Straten). Späteres Material war noch in Gruben, ohne zugehöriger Bauschicht, respektive in Ansammlungen knapp unter dem rezenten Gehhorizont zu finden, wie etwa Locus 145, der Aktivitäten aus späterer Zeit (Post D/2, Str. C, Str B) in diesem Gelände, bezeugt. Intakte Baustrukturen aus dieser Zeit waren jedoch nicht mehr erhalten.

Der gesamte Befund läßt erkennen, daß die Besiedlung in diesem östlichen Teil des Großraumes von Auaris/Tell el–Dabca erst relativ spät einsetzte (im Gegensatz zu den Arealen A/II, A/IV, F/I oder cEzbet Rushdi, wo die frühesten Spuren bis in die 12. Dynastie zurückreichen.
 
 
  Die ältesten Siedlungsschichten in A/V
In einem Planquadrat, A/V-p/19 wurde eine Tiefgrabung durchgeführt, und das Terrain bis auf eine Höhe von 3.60 m/NN abgesenkt; wegen des anstehenden Grundwasserspiegels war keine tiefere Grabung möglich. Die tiefstliegende erfasste Schicht enthielt Siedlungsreste aus der beginnenden Hyksoszeit, die Str. abs. E/1–E/2 (>>Chronologie Straten) zuzuweisen sind. Aus dieser Zeit liegen Reste eines Hauses in mehreren Bauphasen vor.

Tiefer führende Probebohrungen im NW dieses Quadranten zeigten, daß darunter nur mehr etwa 0.3 m hohe Siedlungsschichten vorliegen, die bereits auf der Gezira, das sind anstehende Sandrücken im Gelände, aufsitzen. Diese Lagen konnten jedoch wegen des aufsteigenden Grundwassers nicht mehr erfaßt werden. Der Beginn der Besiedlung im Areal A/V dürfte mit der Bevölkerungszunahme zu Beginn der Hyksoszeit (15. Dynastie, etwa um 1620 v. Chr.) zusammenhängen. Die offenbar stark ansteigende Einwohnerzahl führte vermutlich zu Raumnot im älteren Stadtgebiet, wie auch der archäologische Befund des Areal A/II zu erkennen gibt, und zur logischen Expansion des Siedlungsraumes, die sich auf den benachbarten Gezirahügel im Osten erstreckte.
 
 
  Die Hyksoszeit (Str. E/1-D/2)
Hausrelikte zeigen eine lockere Verbauung des Geländes, mit wenigen Gräbern im Siedlungsbereich. Die freigelegten Hausgrundrisse (Abb.1 - Gesamtplan Areal A/V) mit Befunden lose verteilter wirtschaftlicher Einrichtungen, wie Zirstand, Öfen, Getreidespeicher (Abb.2 - Silo) o.ä. lassen auf eine Siedlung landwirtschaftlichen Charakters schließen.
 
 
 
Abb. 1   Abb. 2
 
 
  Gräber im Areal
Alle Gräber waren beraubt. Es gibt sowohl Einzelgräber mit Opfergruben, wie sie in der späten Hyksoszeit üblich sind (Abb. 3, Abb. 4, Abb.5, Abb.6 und Abb.7), aber auch ein spätes Kammergrab, mit Relikten einer Mehrfachbestattung wurde freigelegt (Abb. 8, Abb. 9 und Abb. 10).
 
 
 
       
Abb. 3   Abb. 4   Abb.5   Abb. 6   Abb. 7
 
 
 
   
Abb. 8   Abb. 9   Abb.10
 
 
  Die Leichen lagen hier auf einer Kieselschicht. Kinderbestattungen in Gefäßen (Amphoren) waren durchwegs im Hausbereich üblich (Abb. 11), aber auch ein Grabensemble mit Gruppierung um ein Erwachsenengrab liegt aus der Tiefgrabung vor (Abb. 12 und Abb. 13).  
 
 
   
Abb. 11   Abb. 12   Abb. 13
 
 
  Funde
Das Keramik von A/V bietet eine wertvolle Sammlung von Siedlungsmaterial, insbesondere aus dem Str. D/2, also der letzten Phase der Hyksoszeit. Einige wenige Skarabäen (Abb. 14 und Abb. 15) lassen sich ebenfalls gut in die Hyksoszeit datieren.
 
 
 
 
Abb. 14   Abb. 15
 
 
  Ein gewaltsames Ende der Besiedlung, wie es zu Ende der Hyksosherrschaft vermutet werden könnte, war nicht festzustellen. Da jegliche Zerstörungsschichten fehlen, läßt sich vermuten, daß die Häuser auch bis in die 18. Dynastie hinein intakt waren. Datierende Artefakte aus dem Zeitraum der frühen 18. Dynastie liegen immerhin aus Störungen und Gruben vor, wie z.B. ein Vorratsgefäß, Zir, der vermutlich bereits in die frühe 18. Dynastie gehört (Abb. 16).  
 
 
Abb. 16
 
 
  Ramessidenzeit - Str. B
Eine völlige Änderung des Bebauungsplanes setzte mit Ende der späten 18. Dynastie bzw. der Ramessidenzeit ein, aus dieser Zeit stammen regelmäßig angelegte Baum und Strauchgruben, die in den oberen Lagen des Geländes verteilt sind (Stratum B) (Abb. 17 - Reste eines Gartens und Abb. 18).
 
 
 
 
Abb. 17   Abb. 18
 
 
 
Bibliographie:
 
 
Hein, I.
1992 Two Excavation Areas from Tell el-Dabca, in: Sesto Congresso Internazionale di Egittologia, Atti, Vol. 1, Turin, 1992, 249 – 253.
Hein, I. und Jánosi, P.
2004 Tell el-Dabca XI. Areal A/V, Siedlungsrelikte der Späten Hyksoszeit,. Verlag Österr. Akademie der Wissenschaften, UZK XXI, Wien 2004. Mit Beiträgen von: K. Großschmidt, K. Kopetzky, L. Maguire, C. Mlinar, G. Philip, U. Thanheiser, A. Tillmann.
Literatur:
Bietak, M.
1991 Tell el-Dabca V, 19–26.
Dorner, J.
1989 Grabungsbericht Tell Tell el-Dabca, Ägypten, ÖJh, 4
1994 Bericht über die Geländesondagen, Ä&L 4, 11–15.
1999 Bericht über die Geländesondagen, Ä&L 9, 82.
Jánosi, P.
1992 Hausanlagen der späten Hyksoszeit und der 18. Dynastie in Tell el-Dabca und cEzbet Helmi. In: Haus und Palast im Alten Ägypten. Intenationales Symposium 8.-11. April 1992 in Kairo. ÖAW. Wien. 85-92.
Maguire, L. C.
1995 Tell el-Dabca, The Cypriot Connection, in: Egypt, the Aegean and the Levant, London, BMP, 54 – 65
Naville, E.
1887 The Shrine of Saft el Henneh and the Land of Goshen. EEF Mem. 5. London.