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Die Friedhöfe des Areals F/I der Straten d/2 (H) und d/1 (G/4),
späte 12. und frühe 13. Dynastie

von Robert Schiestl
 
 
  Das Areal von F/I wurde in den Jahren 1979-1989 unter der Leitung von Manfred Bietak ausgegraben.

Der Friedhof des Stratums d/2:
Nach einer längeren Brachliegephase wurde im Gebiet von F/I im Stratum d/2
(= H, entspricht der späten 12. Dynastie), im Norden eine Siedlung errichtet, während südlich davon Gräber angelegt wurden. Die Siedlung gruppiert sich um ein Gebäude des syrischen Mittelsaalhaustyps (D. Eigner 1985) (Abb. 1).
 
 
 
Abb. 1
 
 
  Einige der Gräber liegen unmittelbar südlich der Ansiedlung, die meisten Gräber liegen jedoch in einem Areal in 50 m Abstand zur Siedlung. Dieser Bereich scheint zu diesem Zeitpunkt ausschließlich als Friedhof genutzt worden zu sein. Die Gräber dieses Areals sind die bis dato ältesten Gräber, die in Tell el-Dabca gefunden wurden.

Die Gräber sind zum größten Teil aus Schlammziegeln erbaute Kammern, die in Gruben errichtet wurden (Abb. 2).
 
 
 
Abb. 2
 
     
  Die Kammern wurden von Schlammziegelgewölben unterschiedlicher Konstruktion überdacht und stehen in einer ägyptischen Tradition funerärer Architektur. Eine kleine Gruppe von Gräbern besteht nur aus Gruben. Die meisten Menschen wurden einzeln bestattet, Erwachsene wie Kinder. An Grabgrößen gibt es eine große Bandbreite, die von kleinen Ziegelkistengräbern für Kinder (Abb. 3) bis zu großen Mehrkammergräbern reicht (Abb. 4).  
 
 
 
Abb. 3   Abb. 4
 
 
  Den Großteil der Beigaben stellen Keramikgefäße dar. Diese sind mehrheitlich ägyptisch in Material, Form und Herstellung. Es finden sich vor allem mittlere bis große rundbodige Schalen aus grobem Nilton (Nilton C), sowie aus feinerem Ton angefertigte Trinknäpfe (Nilton B 1 und 2). An Behältern finden sich große ovoide Flaschen wohl für Bier oder Wasser (Abb. 5).
Sie weisen nach außen gerichtete Hälse mit dreieckigen Außenlippen an den Mündungen auf - die typische Form in der späten 12. Dynastie. Vereinzelt ist auch Importkeramik aus der Levante, wie Fragmente von Gefäßen der "Levantine Painted Ware", Amphoren und Schöpfkannen, in den Gräbern nachgewiesen, aber insgesamt in sehr geringem Umfang (13 % der Gesamtkeramik aus den Gräbern).
 
 
Abb. 5
 
 
  Eine Reihe symbolischer Beigaben, wie die Waffen, bestehen jedoch ausschließlich aus syro-palästinensischen Typen, wie z.B. die Entenschnabelaxt (Abb. 6 und Abb. 7), Tüllenspeerspitzen und einem Dolch mit zwei Mittelrippen (Abb. 8). Aus dieser Zeit stammen auch die frühesten Nachweise von Eselbestattungen in den Eingangsgruben der Gräber oder in separaten Gruben, der Beginn einer Tradition, die sich in die Hyksoszeit fortsetzt.

Bei den Bewohnern dieser Siedlung und den hier bestatteten Menschen handelt es sich um Asiaten (ägyptisch c3mw). Ihre funeräre Kultur stellt eine bemerkenswerte Mischung unterschiedlicher Traditionen Ägyptens und Vorderasiens dar.
 
 
 
   
Abb. 6   Abb. 7   Abb. 8
 
 
  Von besonderem Interesse war der Fund von Fragmenten einer zerschlagenen Grabstatue. Der Kopf, Teile des Sockels und des Umhangs fanden sich in Grab p/19-Nr. 1, andere Fragmente, wie ein anpassendes Schulterstück und der linke Fuß wurden in nahe gelegenen Gräbern entdeckt (Abb. 9).
Die Sitzstatue aus Kalkstein war bemalt und ursprünglich überlebensgroß. Sie stellte einen sitzenden Mann dar, der einen gestreiften Umhang und eine rote, pilzkopfartige Frisur trug. Eine entsprechende Haartracht findet sich auf verschiedenen ägyptischen Darstellungen von Asiaten im Mittleren Reich. Die Hautfarbe des Mannes ist gelblich wiedergegeben. In der rechten Hand hält er ein Wurfholz, welches er an der rechten Schulter abstützt. In ägyptischen Darstellungen des Mittleren Reiches sind Menschen, die als Asiaten gekennzeichnet sind, vorwiegend als bezwungene Feinde wiedergegeben. Dieser Mann hatte eine lokale Machtposition inne; Diese Position hatte er erreicht unter Beibehaltung, ja Betonung dessen, was für die Ägypter einen "Asiaten" ausmachte.
 
 
 
Abb. 9
 
 
 
 
Literatur:
Eigner D.
Der ägyptische Palast eines asiatischen Königs, in: Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts in Wien 56, 1985, 19-25.
 
Schiestl R.
Some Links Between a Late Middle Kingdom Cemetery at Tell el-Dabca and Syria-Palestine: The Necropolis of F/I, Strata d/2 and d/1 (= H and G/4), in: M. BIETAK (Hrsg.), The Middle Bronze Age in the Levant. Proceedings of an International Conference on MB IIA Ceramic Material in Vienna, 24th –26th of January 2001, Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean 3, Denkschriften der Gesamtakademie 26, Wien 2002, 329-352.
 
Putting the Pieces Together: The Statue of a Canaanite Dignitary from Tell el-Dabca, in: MIROSCHEDJI, P. u. a. (Hrsg.), Proceedings of the 3rd International Conference on the Archaeology of the Ancient Near East, Paris, April 15th-19th, 2002, Paris, in press.
 
The Statue of an Asiatic Man from Tell el-Dabca, Egypt, Ägypten und Levante 16, 2006, 173-185
 
Tell el-Dabca XVIII. Die Palastnekropole von Tell el-Dabca. Die Gräber der Straten d/2 und d/1 des Areals F/I in Tell el Dabca, Ausgrabungen in Tell el-Dabca, Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des Österreichischen Archäologischen Instituts XXX, Denkschriften der Gesamtakademie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften XLVII, Wien 2009